Spanische Parlamentswahlen verändern die Kräfteverhältnisse im National-Kongress – Hoffnung auf eine stabile Regierung

Die Wahlen vom 28.04.2019 haben die Kräfteverhältnisse im spanischen Nationalparlament (Congreso) deutlich verändert.

Die sozialistische PSOE des amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez ist jetzt die stärkste Fraktion (28,7%), die bisher führende konservative Partido Popular (PP) musste einen Absturz hinnehmen und kommt nur noch auf 16,7% der abgegebenen Wählerstimmen. Neu im Nationalparlament ist die rechte VOX-Partei, die im Wahlkampf durch schrille nationale Töne aufgefallen war, und die in Andalusien bereits seit den letzten Regionalwahlen etabliert ist. Mit gut zehn Prozent der Wählerstimmen liegt VOX jedoch weit hinter den eigenen Zielvorgaben zurück.
Anscheinend hat sich die eher zurückhaltende und auf Ausgleich bedachte Wahlkampfführung von Pedro Sánchez für dessen Partei und ihn selbst am Ende ausgezahlt.

Zusammen mit der bürgerlich-liberalen Cuidadanos-Partei (CS) könnte Sánchez eine Koalition mit Parlamentsmehrheit schmieden. Auch die CS hatte bei den Wahlen um zwei Prozentpunkte auf 15,9% zulegen können. Eine Koalition von PSOE und CS käme auf 180 der insgesamt 350 Kongress-Mandate.
Nicht nur die spanischen Bürger, sondern auch die spanische Wirtschaft fordern seit langem eine stabile und reformfähige Regierung. Die kurzfristige Politik der kleinen Schritte („Cortoplacisimo“), die Spanien seit Jahren dominiert, soll beendet werden.

Die spanische Wirtschaft hatte in den Jahren nach der Immobilien- und Finanzkrise der Jahre 2009 bis 2013 mächtig Fahrt aufgenommen.
Spanien konnte mit jährlichen Wirtschaftswachstumsraten von bis zu knapp 4% aufwarten. Im Jahr 2018 lag der Wert bei noch 2,8% und damit deutlich über dem Wachstum der großen EU-Flächenstaaten wie Deutschland, Italien und Frankreich. Ein Grund für dieses außerordentliche Wirtschaftswachstum war auch das Engagement ausländischer Investoren insbesondere im Immobiliensektor, im Tourismus, und in der verarbeitenden Industrie.

Es bleibt abzuwarten, ob die anstehenden Gespräche zur Regierungsbildung am Ende zu einer stabilen Regierung mit eigener parlamentarischer Mehrheit führen werden. Eine Koalition der Parteien PSOE und CS, zwischen denen es freilich nicht nur Sympathien und Schnittmengen gibt, wäre eine denkbare und vielversprechende Konstellation.

Eine stabile Regierung mit eigener Parlamentsmehrheit wäre Spanien zu wünschen, da in den letzten vier Jahren drei Parlamentswahlen stattfanden und in dieser Zeit nur Minderheitsregierungen im Amt waren. Auch für EU-Europa wäre eine stabile spanische Regierung wünschenswert, wobei in Spanien alle Parteien außer VOX traditional sehr europafreundlich eingestellt sind. Dies reflektiert die allgemein sehr positive Haltung der Spanier zur Europäischen Union und der europäischen Idee.