Betriebsnachfolge – Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer reduziert das Steuerprivileg für Betriebsvermögen
Nach langem Tauziehen hat der Gesetzgeber das jahrelang währende Gezerre um die Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes Anfang November 2016 beendet. Es geht dabei um die Besteuerung von Betriebsvermögen im Rahmen von (vorweggenommen) Nachfolgeregelungen, bei denen ein Unternehmen auf Erben bzw. Beschenkte übertragen wird.
Das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes ist rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft getreten. Das Gesetz wurde am 05.11.2016 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I S. 2464). Die Gesetzesreform war notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die bis dahin geltenden Regelungen zur steuerlichen Privilegierung von Betriebsvermögen in Teilen für mit Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben hatte, die Vorgaben des Gerichts umzusetzen
In der Vergangenheit waren Unternehmensübertragungen bei kleineren und mittelgroßen Familienunternehmen aufgrund des so genannten Verschonungsprinzips in vielen Fällen ganz oder weitgehend steuerfrei möglich gewesen. Diese Steuerbefreiung wurde wirtschaftspolitisch oft mit dem Existenz gefährdenden Charakter einer rigorosen Besteuerung von Unternehmensübertragungen begründet bzw. gerechtfertigt. Gerade mittelständische Unternehmer würden im Bestand gefährdet, wenn Unternehmensübertragungen in gleichem Maße wie sonstige Nachlass-Aktiva oder Schenkungen besteuert würden. Zudem wäre eine massive Besteuerung der Unternehmensübertragung ein deutlicher Nachteil für den Standort Deutschland. Dies belegten zahlreiche bereits erfolgte Unternehmensverlegungen ins benachbarte Ausland, namentlich in die Schweiz und nach Österreich.
Das Bundesverfassungsgericht hat in der bisher geltenden Steuergesetzgebung zugunsten von Unternehmen gleichwohl eine in Teilen verfassungswidrige Ungleichbehandlung gesehen und den Gesetzgeber im Dezember 2014 aufgefordert, die bis dahin geltenden Vorschriften zur steuerlichen ‚Verschonung‘ des übertragenen Unternehmens neu zu regeln. Das Verschonungskonzept als solches hat das Gericht jedoch nicht in Frage gestellt. Es ging vielmehr um die rechtliche Ausgestaltung und die Detailregelungen dieses Konzeptes.
Die neue gesetzliche Regelung differenziert zwischen ‚begünstigtem‘ Unternehmensvermögen, welches auch zukünftig nur eingeschränkt besteuert werden soll, und nicht begünstigtem Unternehmensvermögen. Damit stellt sich die in der Praxis zunächst die oftmals schwierige Frage nach der Abgrenzung von begünstigtem und nicht begünstigten Teilen des übertragenen Unternehmens. Hier hat der Gesetzgeber ein komplexes Regelwerk mit zahlreichen Ausnahmetatbeständen geschaffen, welches im Ergebnis für viele mittelständische Unternehmen zu einer erhöhten Besteuerung von Unternehmensübertragungen führen wird.
Hinsichtlich des begünstigten Vermögens gilt nach wie vor ein Wahlrecht des Erwerbers für eine 85%ige oder 100%ige Steuerbefreiung(Regel-/Optionsverschonung).
Optiert der Erbe oder Beschenkte für die Regelverschonung, muss er den übernommenen Betrieb mindestens fünf Jahre in vergleichbarem Umfang fortführen. Je nach Mitarbeiterzahl bestehen gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Höhe der Lohnsumme in diesem Zeitraum.
Bei der Optionsverschonung muss der Betrieb sieben Jahre lang in vergleichbarer Form fortgeführt werden, wobei auch in diesem Fall auf die Höhe der Gesamtlohnsumme in diesem Zeitraum abgestellt wird.
Im Gegensatz zur früheren Regelungen, nach der Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern von der Lohnsummenregelung ausgenommen waren, gilt diese Befreiung nunmehr nur noch für Kleinstbetriebe mit nicht mehr als fünf Beschäftigten. Diese Neuregelung dürfte praktisch sehr bedeutsam sein, da nunmehr sehr viel mehr kleinere Unternehmen den Vorgaben der Lohnsummenregelung Rechnung tragen müssen, um die Steuervergünstigungen bei der Übertragung von Unternehmen in Anspruch nehmen zu können.
In auch bei Familienunternehmen mit und ohne Fremd-Investorenbeteiligung (Private Equity) nicht untypischen mehrstufigen Beteiligungsgesellschaften wird das begünstigte Vermögen nunmehr konsolidiert ermittelt. Das früher mögliche Ausnutzen des Verwaltungsvermögensanteils in den verschiedenen Beteiligungen oder Beteiligungsebenen ist nunmehr keine Option mehr.
Als Fazit kann festgehalten werden, das es sich beim neuen Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz um eine komplexe Materie, die in jedem Einzelfall eine sorgfältige Prüfung der nunmehr gegebenen steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bei Unternehmensübertragungen erfordert.
Positiv ist zur jetzt in Kraft getretenen Neuregelung anzumerken, dass nunmehr in höherem Maße Rechtssicherheit besteht, nachdem der Gesetzgeber fast zwei Jahre benötigt hatte, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Aus Unternehmenssicht nachteilig ist jedoch der Umstand, dass nunmehr auch kleine Betriebe mit nur wenigen Beschäftigten bei der Übertragung auf die nächste Generation in weitaus höherem Maße mit Erbschafts- und Schenkungssteuern belastet werden. Das bei vielen mittelständischen Unternehmen ohnehin schwierige Thema einer wirtschaftlich gut funktionierenden Nachfolgeregelung wird damit sicherlich nicht einfacher werden.