BGH bestätigt EuGH-Auslegung des Neukunden-Begriffs beim Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit am 06.10.2016 verkündeten Urteil vom 06.10.2016 (VII ZR 328/12) entschieden, dass § 89b HGB bei der Prüfung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zur EU-Handelsvertreterrichtlinie auszulegen ist.
Wie berichtet hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) erst im April 2016 entschieden, dass ein Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters auch dann gegeben sein könne, wenn Geschäfte mit einem Bestandskunden als Anspruchsgrundlage geltend gemacht werden würden. Voraussetzung sei, dass durch die Arbeit des Handelsvertreters die Qualität der Kundenbeziehung deutlich verbessert worden sei. Dies könne auch dadurch bewirkt werden, wenn ein Bestandskunde Waren bestelle, die er vorher nicht geordert hatte, und deshalb die Kundenbeziehung für den Unternehmer insgesamt lukrativer geworden sei.
Diese Rechtsprechung ist deshalb bemerkenswert, weil Artikel 17 Abs. 2 Buchstabe a der EU-Handelsvertreterrichtlinie ihrem Wortlaut nach voraussetzt, dass ein Handelsvertreter ’neue Kunden‘ geworben haben muss, um einen Ausgleichsanspruch begründen zu können.
Der BGH hat nunmehr für die Rechtsanwendung in Deutschland klargestellt, dass bei der Prüfung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters nach § 89b HGB der (Neu-)Kundenbegriff nicht mehr eng ausgelegt werden dürfe. Eine solche enge Auslegung war vor dem EuGH-Urteil vom April 2016 geboten gewesen, weil sich die Auslegung des Handelsvertreterrechts in den EU-Mitgliedsstaaten an der EU-Handelsvertreterrichtlinie zu orientieren hat.
Zu beachten ist, dass sich das EuGH-Urteil zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreter nicht nur auf das Handelsvertreterrecht in Deutschland und den anderen EU-Mitgliedsstaaten auswirkt. Abhängig von der konkreten Fallkonstellation kann sich diese Rechtsprechung auch auf Handelsvertreterverträge mit Bezug zu den EWR-Staaten und der Schweiz auswirken. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob auf einen Handelsvertretervertrag das Recht eines EU-Landes und damit die Rechtsprechung des EuGH Anwendung findet.