Europäische Zentralbank verwehrt Katalonien Zugang zum europäischen Bond-Ankaufsprogramm
Wie die spanische Tageszeitung „El Mundo“ in ihrer Ausgabe vom 06.04.2016 berichtet, wird die Europäische Zentralbank mit Sitz in Frankfurt a.M. (EZB) keine Anleihen (Bonds) von Katalonien ankaufen.
Die EZB hatte bereits am 10.03.2016 in einer Presseerklärung mitgeteilt, dass sie ihr umstrittenes Ankaufsprogramm (Asset Purchase Programme/“AFP“) mit Wirkung zum 01.04.2016 von 60 auf 80 Milliarden EUR/Monat nochmals deutlich ausweiten wird. Zukünftig sollen auch Unternehmensanleihen (Corporate Assets) aus dem Euro-Raum, sofern diese ein zufriedenstellendes Rating aufweisen, angekauft werden können. Dem Vernehmen sieht die EZB jedoch bei Katalonien ein Rating-Problem, das den Ankauf unter dem AFP unmöglich mache. Die US-amerikanische Ratingagentur Fitch hatte die Bonität von Katalonien im Jahr 2015 auf die Note BB herabgestuft. Danach gelten die Anleihen der Katalanen als hochgradig risikobehaftet. Der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten ist Katalonien damit weitgehend abgeschnitten worden.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist Katalonien ein sehr gut entwickelte und starke Region. Die Infrastruktur ist vorbildlich. Ein großer Teil des spanischen Außenhandels wird über Katalonien abgewickelt. Große Industrieunternehmen aus dem In- und Ausland und exportorientierte Mittelständler haben in Katalonien ihren Sitz oder Produktions- und Logistikstandorte.
Auf der anderen Seite ist die Autonome Region (Autonomie) Katalonien aber auch sehr hoch verschuldet. Der öffentliche Haushalt weist die höchsten Defizite aller spanischen Autonomien auf. Ratingagenturen hatten deshalb und auch im Hinblick auf die Unwägbarkeiten, die mit der politisch angestrebten Unabhängigkeit Kataloniens gesehen werden, das Schuldnerrating in mehreren Schritten massiv – auf einen Non-Investmentgrade – gesenkt. Fällige Anleihen waren in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr von Katalonien selbst, sondern von der Zentralregierung in Madrid zurückgezahlt worden. Die EZB-Entscheidung dürfte zur Folge haben, dass Katalonien weiterhin von der Finanzierung durch die spanische Zentralregierung in Madrid abhängig sein wird.
Die Entscheidung der EZB ist auch deshalb bemerkenswert, weil ausschließlich Katalonien als die Autonomie mit dem am besten entwickelten Industriesektor in Spanien und mit einer Vielzahl erfolgreicher, exportorientierter Mittelstandsunternehmen nicht mehr am AFP teilnehmen kann. Weniger entwickelte Autonomien wie Andalusien und Extremadura, die eher landwirtschaftlich geprägt sind und eine über dem Durchschnitt liegende Arbeitslosigkeit aufweisen, sind von der EZB-Entscheidung nicht betroffen.
Die Entscheidung der EZB ist jedenfalls keine gute Empfehlung für Katalonien als Standort für ausländischer Investoren. In den letzten Jahrzehnten hatten sich ausländische Unternehmen, viele davon aus Deutschland, bevorzugt in Katalonien, insbesondere im Großraum Barcelona, angesiedelt. Investoren suchen jedoch regelmäßig sichere und stabile Rahmenbedingungen, gerade wenn es um langfristige Investments geht. Somit sind zumindest aus wirtschaftlicher Sicht die in den Medien viel Beachtung findenden Sezessionsbemühungen der katalonischen Administration dem Standort Katalonien wenig zuträglich.