Unternehmensrestrukturierungen – Bundesfinanzhof erklärt den Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums für rechtswidrig

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer am 08.02.2017 veröffentlichten Entscheidung (Az. GrS 1/15, Urteil vom 28.11.2016) den Sanierungserlass des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) für rechtswidrig erklärt.

Die in diesem Erlass vorgesehene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen verstoße gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung  (Parlamentsvorbehalt). Die Finanzverwaltung habe Steuergesetze anzuwenden, sei aber nicht befugt, eigenmächtig Vorschriften über den Umfang der Steuerlast bzw. zur Befreiung der Steuerlast von Unternehmen zu erlassen. Diese Kompetenz bleibe dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten.

Der Sanierungserlass des BMF spielte bisher eine Schlüsselrolle im Rahmen von Unternehmenssanierungen in Deutschland. Danach konnten Sanierungsgewinne, die durch einen Schuldenerlass von Gläubigern zum Zwecke der Unternehmenssanierung erzielt wurden, der Besteuerung vollumfänglich entzogen werden. Dies regelte der vorgenannte Erlass des BMF aus dem Jahre 2003. Voraussetzung war lediglich, dass ein unabhängig geprüfter Sanierungsplan mit positiver Fortführungsprognose vorlag, der die langfristige Sanierungsfähigkeit des kriselnden Unternehmens belegte. Auf eine Prüfung von persönlichen und sachlichen Billigkeitsgründen wurde dabei verzichtet.

Die nun veröffentlichte Entscheidung des Großen Senats des BFH dürfte Unternehmenssanierungen in vielen Fällen erschweren oder gar verhindern. Denn der Zweck von Forderungserlassen als Gläubigerbeitrag zur Sanierung kann in vielen Fällen nicht mehr erreicht werden, wenn die dadurch erzielten Buchgewinne durch Steuerforderungen des Finanzamts zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung des Unternehmens werden. Diesen Buchgewinnen und die Verbesserung von Bilanzrelationen stehen dann Steuerforderungen gegenüber, die zu einem realen Cash- und Liquiditätsabfluss führen.

Das Urteil des BFH stellt die in Deutschland gängige Sanierungspraxis in Frage. An sich sanierungsfähige Unternehmen, die sich in einer temporären Krise befinden, dürften in zahlreichen Fällen aufgrund der geschilderten Steuerbelastung als nicht mehr sanierungsfähig eingestuft werden. Dies dürfte zu einer erhöhten Anzahl von Insolvenzen in Deutschland führen, was sowohl betriebs- wie volkswirtschaftlich nicht wünschenswert erscheint.

Aus diesem Grunde ist jetzt der Gesetzgeber gefordert, die entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu modifizieren. Nur dann wäre gewährleistet, dass auch zukünftig betriebs- und volkswirtschaftlich sinnvolle Sanierungsmaßnahmen bei Unternehmen möglich sind.